Hier finden Sie einige interessante Informationen über den Zink und zur Musik des 17. & 18. Jahrhunderts:
Angelus Silesius: Heilige Seelen=Lust/ Oder Geistliche Hirten=Lieder…, Breslau, 1657, S. 208 ff.
Lobt den Hern Weit und fern Preiset JeEum meinen Gott/ mit Pauken und Trompeten/ Mit Zinken und mit Flöten Mit Orgeln und Schalmeyen Die laut und helle schreyen: Lasset hören Ihm zu ehren Ein Getöne Wunder=schöne Saust und schallt mit vollen Chören.
Justin Heinrich Knecht: Vollständige Orgelschule für Anfänger und Geübtere: Dritte Abteilung…, Leipzig, 1798, S. 36 ff.
“Ueber diese zweite und schwerere Art, den Choral mit der Orgel zu begleiten, geben wir hier nun auch Beispiele, bei welchen die linke Hand meistens den Baß und Tenor, die rechte hingegen den Diskant und Alt (selten aber den Tenor zugleich) spielen muß, und welche so gesetzt sind, daß man sie sowohl für die vier wirklichen Singestimmen, als für Zinken und Posaunen gebrauchen könnten wenn man sie in Stimmen ausschriebe .” (Es folgen zehn vierstimme Choralsätze.)
Aus der Autobiographie des Zinkenisten Johann Georg Hammerschmid (1590-1668) “Churfürstl. Sächs. Bier/ Steuer und Zoll Einnehmer/ wie auch wohlverdienter Bürger/ Meister allhier zu Mußkau/ sonsten ein berühmter Musikus”:
“…Alß ich nun große Begierde gehabt mich in frembden Länder umzusehen habe ich nach vielfältigen Anhalten endl. durch die hoch und wohlgebohrne Frau von Opperdorffin, gebohrne Gräfin von Hardeck auf Cosel, meines Gnädigen Herrn Frau Schwieger Mutter Vorbitte, Licenc erlangt, und Ao 1608 mich mit zweyen Gebrüdern, Tobias und Engelhardt, uns im Nahmen Gottes nach Italien, weil David Engelhard zuvor albereit da gewest; alß wir nun nach Padua kommen, ungefehr inerhalb 14 Tag, wird David Engelhard mit der Violin und ich mit dem Cornet A. S. Spirito Satto piaca della Sinoria gebeten, zuvor, ehe sich die Mucic anfängt, wird nach Gebrauch eine lange Taffel mit Confect und allerhand besten süßen Wein zubereit, davon ein ieder nach belieben, essen und trincken mag, weches denn die Welschen nicht scheuen, sondern was von Confect überbleibt einstecken, wie wirs denn auch unserstheils nicht gespart, und die süßen Wein uns schmecken laßen, wie sich nun die Music angefangen, welche in die 4 Stunden gewehret, wird Engelhard krank, deß andern Tages begehrt er den H. Doctor Aqva Pendent, mit welchem er zuvor bekandt gewest zu sich, welcher sich aber in seine Kranckheit nicht finden mögen, den 4ten Tag stirbt er, nun wußten wir uns keinen Rath wenn nicht gemeldter H. D. Aqva Pendent Ihm das Zeugniß, daß er Catholig gewest, gegeben, so wäre er des Nachts über die große Pastey welches vielen geschieht, hinausgeschmießen worden, welches ich, noch sein leiblicher Bruder, nicht gewußt. Nach diesem sind wir in größer Gefahr und Kummer gestanden, bald hierauf ward ich in die Capel. S. Antonio, welches der Paduaner Patron vor einen Cornetisten begehrt und hatte jährlich 50 Cikin, welches 100 Th. macht, welches der Hoch und wohlgebohrne Herr Seyfried Freyherr von Kitlitz wohl weiß. Als nun der Hoch und wohlgebohrne Herr Carl Christoph Burggraf zur Dohnau nacher Padua kömmt, und mich zuvor hieraus zu sich begehret haben sie meine wenige Person alßbald zu sich genommen, mit welchen ich gantz Italien, das Königreich Neapolis und andern Provinzen, welche unnöthig zu erzehlen, durchreiset und Ao. 1612 den Tag vorm heyligen Abend nach Muskau kommen…”
Laut freundlicher Mitteilung von Herrn Bernd-Ingo Friedrich, Weißwasser. Den vollständigen Text finden Sie hier.
Die Angaben Hammerschmids werden durch folgende Quellen bestätigt:
Carolus Christophorus burggravius a Dona liber baro in Muska die 5 augusti 1612
Dedit 3 coronatos
Zitiert nach: Elisabetta Dalla Francesca Hellmann: Matricula nationis Germanicae iuristarum in Gymnasio Patavino, II (1605-1801), Roma-Padova, 2008 S.72
“Havendo supplicato messer Zorzi Todesco al corneto, che essendo forestiero, et non potendo sostenersi, come bisognerebbe con il salario che hà da questa Veneranda Arca, che gli sia accresciuto detto salario, et essendo ragionevole di riconoscerlo per esser buono, et sufficente soggetto esperimentato per molti mesi. Per tanto l’anderà parte che egli sia recondutto con aumento de Ducati Dodici ogn’anno oltre il suo ordinario salario, qual augumento (sic) s’intenda principiato à corrergli al primo di luglio instante Ballotata fù presa de tutti i votti”
PADOVA, Archivio dell’Arca di Sant’Antonio, 11 luglio 1612, Acta 13, f. 104v
Laut freundlicher Mitteilung von Herrn Maurizio Padoan, Como
Andreas Hammerschmidt, aus dem Vorwort zu den Musikalischen Gesprächen von 1655:
“… insonderheit möchten doch, so wohl diejenigen Vokalisten, als die Instrumentalisten, welche bishero gewohnet unterschiedener gemeiner und seltzamer Coloraturen, absonderlich bey dem Final sich zu gebrauchen, freundlich belieben, diese meine Arbeit mit dergleichen Quintelieren oder vermeinten Coloriren, welches manchmal dem Gehör also vorkömbt, ob wollte ein Fliegen Krieg daraus werden, nicht unannehmlich zu machen, und dadurch selbte zuschänden, sondern vielmehr, bey denen Noten, wie sie von mir gesetzt, zu verbleiben, auch selbe so vocaliter, so unstrumentaliter, wo es sich füget, mit einer lieblichen Trille zu zieren.”
Andreas Hammerschmidt: Aus dem Vorwort zur “Sechsstimmigen Fest- und Zeitandachten, Dresden 1671
“Ferner wird dieselben (Kompositionen) nicht umb ein weniges annehmlicher machen/ wenn man sie nur allein mit sechs einfachen Stimmen bestellet/ doch wird solche ein Viola oder ander dienliches Instrument gar lieblich begleiten/ wofern nur die jenigen inzeitigen Instrumental-Musicanten vom Chor gewiesen werden/ so mit ihren Jäger=Hörnern/ oder Zincken wolt ich sagen/ keiner eintzigen Noten schonen/ sondern selbe durch ihr gemeines unförmliches coloriren/ auffs ärgset dehnen und verdrehen/ dadurch so wohl des Autoris Intention wieder alle Musicalische Regeln verruckt/ als auch die Fugen/ Syncopation und der beste Nachdruck des gantzen Gesanges durchaus verderbet und verstimmelt werden/ doch sind hierunter in keinem Weg rechtschaffene Musici gemeinet/ die sich zu moderiren/ und ihre Instrumenta nach der heutigen Kunst=Art zu tractiren wissen/ so ist auch das so genante coloriren nicht gäntzlich verboten oder zu verwerfen dafern es selten/ bescheidentlich/ zu rechter Zeit und nicht immer einmal wie das andere geschiehet/…”
Beschreibung der Musik in der katholischen Hofkapelle in Hannover unter Herzog Johann Friedrich (1666-1679) aus der Leichenpredigt des Pastoren Sackman für den Küster und Schulmeister in Limmer:
“Düsse Johann Friedrich was een braaf Mann, utbenommen dat he katholisch was; da kreegen de Paters de Slott-Kerke in, un lesen dar de Misse, dat gaf een grot Upseen in Hannover; eck ging er sülvest mannigmal hen, as eck noch so’n junk Bengel was, deils, Godd mag my de Sünde vergeven! pur ut Nieschierigkeit, deils ook, de schöne Musik antohören. Ja, dat kann eck seggen, als eck se to’m ersten Male hörede, so dachte eck nich anders, as dat eck im Himmel wöre; so kunnen de Bloodschelme quinkeleeren! Ole Kerls von dörtig, veertig Jaren sungen eenen Discant so hoog, as de beste Deeren; dat maakd averst, dat se kapunet wören, dergleichen Leute sie in ihrer Sprache Castraten heissen… Doch dat gefäll mek ook nich, dat se de Woorde so dulle utsproken; to’m Exempel, wenn da stund: Ceciderunt, so sungen se Tscheschiderunt. Dat is jo een dummen Snakk; welker Düvel soll dat raden, wat det heten soll? Weren se by unserem sel. Schaulmester in de Shaule gaan, de vull se anders baukstabeeren lernt hebbe. Eck hebbe my seggen laten, dat se in ganz Italien so undütsch spräken sollen.”
Wolfgang Caspar Printz (1641- 1717), aus: Historische Beschreibung der edelen Sing- und Kling-Kunst, Dresden, 1690:
“§. 39. Zu dieser Zeit (=im 16. Jhd.)/ wie vorzeiten Christoph Naucke/ Musicus Instrumentalis zu Sprattau in Schlesien/ ein sehr alter Mann zu sagen pflegte/waren grosse Noten; und die Musicanten bekamen auch groß Geld: Jetziger Zeit aber seyn kleine Noten; und die Musicanten bekommen auch klein Geld”
Wolfgang Caspar Printz oder Johann Kuhnau: Musicus Vexatus, oder der wohlgeplagte doch nicht verzagte sondern iederzeit lustige Musicus Instrumentalis, Dresden, 1690:
“Wenn er (der Stadtpfeifer) sich gar zu sehr erbosete: schlug er mir die Geige auff den Schedel/ daß sie in Stücken sprang: und alsdann war der Teufel gar Abt. Denn er kriegte die Karbatsche und peitschte mich so lange / bis er seinen Zorn ausgeschüttet hatte: gleich als wenn ich dafür gekunt hätte / daß die Geige zerbrochen. Nur fünff Geigen und zwantzig Bogen hat er auff meinem Kopff zertrümmert. Das Posaunen- Exercitium war ein klein wenig erträglicher. Denn wir machten nicht allzu künstliche Stücke. Doch war dieses schlimm gnug / daß / wenn ich fehlete / er mir den Zinken auff den Kopff stieß / daß mir vielmals das Blut über das Gesichte herunter floß. ……….. Und so war mein musicalisches Exercitium beschaffen / bis ich endlich nach ziemlich langer Zeit etwas ohne mercklichen Fehler mit machen kunte.“
Brief des Pfarrers Johan Georg Keiflin an Graf Johann Ernst von Nassau- Weilburg vom 27. Mai 1711, wegen des Orgelneubaus in Weilburg:
“…Alß habe nicht umbhin gekonnt, bey Auffürung und Anlegung sothanen Werks sich die Stimmung des heuthig sehr übliche sogenannten französich Chor Thons undt ja nicht des in Teutsch- Lande bishero gemein gewesten Cornetts zu bedienen, gestalten die Teutsche Instrumenten alß Dulcianen, Zincken, Posaunen und dergleichen andere mehr an allen Höfen und wohl regulirten Capellen mehrenteilß ausgemustert undt nur auf die Thürme verwießen, statt deren aber die französischen Bassons, Hautbois, Flûtes douces et Traversiers, ich geschweige andere, introducirt worden…”
Georg Philipp Telemann, Eingabe an den Rat der Stadt Frankfurt am Main vom 5. Oktober 1717:
„…Da nun Denenselben wissend ist, dass, da bey der Kirchen=Music von Sängern gantz entblößet bin, mich beständig selbst fatiguiren muß, worbey dann zugleich, wegen ermangelnder Abwechselung, mein Gemüth in stetiger Unruhe unterhalten wird; Als gehe Dieselben hiermit gehorsamst an, wegen Ersetzung dieser unentbehrlichen Personen einige Veranstaltungen zu verfügen, darbey zugleich behertzigende, dass es zu Gottes Lobe, und der Republic Ruhm und Vergnügen gereiche, wie auch, dass schon vor diesem die Singe- Stimmen in duplo besetzet gewesen, zu geschweygen, dass auch damahls der Instrumental=Chor weit mehr Subjecta, als gegenwärtig begriffen, indem man so gar Lautenisten, Zinckenisten, Viol-di-Gambisten etc. in Diensten gehabt.“
Chronik der Stadt Großbottwar: nebst angehängter Weinpreis- Tabelle vom Jahr 1522…, von G. Kübler, 1861
“1728.5. April wird Zinkenist Max seines Dienstes entlassen, weil er einen zu ärgerlichen und üblen Lebenswandel geführt, keinen Gesellen gehalten, des Heiligen Geigen versoffen, die Band auf dem Thurm (seiner Wohnung) von den Läden gerissen, die Balken ausgehauen und verbrannt und sonst so viel angestellt, daß man dessen einen ganzen Cathalogum zu formieren wüßte.”
Handschriftliche Anmerkungen des Frankfurter Kapellmeisters Johann Balthasar König (1691-1758) auf dem Material zu Georg Philipp Telemanns Kantate “Sehet an die Exempel der Alten” TWV: 1:840:
„A° 1729 am 2. post Epiph.
Weil es sehr kalt war, froren die 3 Posaunen in währendem musicieren ein
A° 1748 am 2. post Epiph. kam dieses Stück wieder vor. Weil es aber just auch streng kalt war, ließe ich Zincken u(nd) Posaunen gar weg, u(nd) gab solches obligate denen beyden Oboen. Machte auch nur das Anfangs- Dictum, samt drauffolgendem Rec(itativ) u(nd) T(enor) Aria, u(nd) hierauf den Schluß Choral, u(nd) zwar ex A# wegen Connexion des Thones. Über dieses alles war die Zincke ex usu gekommen, hätte also davor die nun in mode gewordene/ Clarinette nehmen müßen; hätte aber dennoch mit der Orgel Thon nicht gestimmet”
Christian Gerber, Kirchenzeremonien, Leipzig, 1732:
„…Ein Gebet thun, wenn man in die Kirche eingehet, ist recht, und lässt sich verrichten. Aber was sollen die folgenden Gebete? Wenn das Kyrie gesungen wird, sollen wir mitsingen, und nicht vor uns allein beten. Zwar in Städten wird das Kyrie musicalisch mit Instrumenten gesungen. Ich erinnere mich, als in meinen Knaben=Jahren in der Stadt Borna die Schulen besuchte, dass allda das Kyrie alle Sonntage mit Violinen, 2 Posaunen und 1 Zincken musicirt ward. Der Zincken war länger als eine Elle, hatte Löcher wie eine Flöte oder hautbois, und war etwas krum oder gebogen, sehr schwer zu blasen, klunge auch hart und craß. Der Stadt=Pfeiffer war ein starcker Mann, der musste allezeit den Zincken blasen, weil der Gesellen solches keiner zu thun vermochte. Aber auch der Herr selbst bließ allezeit, dass er schwartz ward, und beschwerte sich vielmal darüber, die Posaunen klungen ebenfalls auch nicht gar angenehm. Vor diesen Getöse der Instrumente kunte man die Stimmen der Singenden nicht, oder wenig hören, daher manche Personen ihr Betbuch nahmen: Aber was kan vor Andacht dabey seyn, wann die Ohren mit so starcken Klang der Instrumente und unterschiedlichen Stimmen erfüllet werden? Und wozu dienet die Music, wenn niemand darauf hören will?”
Johann Gottfried Walther, Musikalisches Lexikon, Leipzig, 1732:
„Bat, ist derjenige Laut, welcher entstehet, wenn ein Zincken=Blaser sein Instrument vom Munde absetzet.“
Georg Philipp Telemann, undatierte Eingabe an den Rat der Stadt Hamburg zwischen 1725 und 1730:
„…Bey meines seligen Vorfahren Lebzeiten wurden 2 Zinckenisten und 3 Posaunisten auf dem Musicchore gehalten, deren jeder quartaliter 7 M. Besoldung empfing. Von diesen waren bey meiner Anherkunft 1723, 3 todt, der 4.te starb auch bald, ohne daß ich, als ein Neuling, Acht darauf gab; als aber die Reihe auch an den 5ten kam, und ich inzwischen bemercket hatte, daß der Chor für die neuere Music viel zu schwach bestellet wäre, so hielt bey E: Lobl. Cammer an, diesen Platz mit einem Violinisten wieder zu besetzen, welches sogleich bewilliget ward. Hierbey aber beging ich aus Blödigkeit den fehler, daß ich mir nicht eine gleichmäßige Bestellung, in Betracht der anderen 4 erloschenen Gehülfen, ausbat, wogegen vermuthlich nichts eingewendet worden wäre, weil unter den Damaligen Herrn Cämmerey=Bürgern viele Liebhaber der Kirchenmusic waren, die sie nunmehr in verbeßerten Umständen höreten.
Itzo aber habe es um so viel mehr zu wünschen, da einige Instrumentalisten auf dem Chore durch Alter schwach worden sind, und von denen, die bisher umsonst mit gespielet haben, einer nach dem anderen abtritt, mithin ein magerer Klang für so eine große Kirchen übrig bleibt.“
Johann Mattheson, der vollkommene Capellmeister, Hamburg, 1739:
§ 7 Hiebey fällt mir die Frage ein: warum denn doch die guten Zincken und Posaunen, welche vormahls geschwistert waren, und bey den Herren Kunstpfeifern sowol, als bey den Setzern, wie erste Springfedern, in Ansehen stunden, anitzo so ganz aus den Kirchen, wenigstens aus den hiesigen, verwiesen zu seyn scheinen, als ob sie für unfähig erkläret worden waren? Da doch das eine Instrument, bey aller seiner Härte, sehr durchdringend ist; das andere aber überaus prächtig thönet, und eine Kirche trefflich füllet. Wems beliebet, der beantworte die Frage.
Eingabe des Flensburger Zinkenisten Timmermann vom 30. September 1751, wegen Befreiung vom Turmblasen:
„…imgleichen auf denen werckentagen, umb zehn uhr, wann in besagten Kirchspielen gepredigt wird, nach geendigter Predigt und Singen von St: Nicolai und und der Kirche St: Marien Thürmen musiciren, sonsten aber die gantze woche des abends, wie gewöhnlich, mit einer Stimmen einen geistlichen Psalm von beiden Kirch Thürmen selbst /selbsten wird mirs zu sauer, den die Treppen sind sehr hoch, und ich bin sehr dick.“
Ignaz Franz Xaver Kürzinger: Getreuer Unterricht zum Singen mit Manieren, und die Violin zu spielen…, Augsburg, 1763
Alphabetischer Anhang, S. 88: “Sauffen (saget man) thun die Musici gerne. Dies ist aber nur von den Handwerksmusikanten und Scherzelgeigern zu verstehen: denn die rechten Musici wissen es gar wohl, daß keine Kunst mehr Nüchterkeit erfordere, als eben die Musik.”
Das Recht der Handwerker nach allgemeinen Grundsätzen und insbesondere nach den herzogl. Wirtembergischen Gesetzen entworfen von Johann Friedrich Christoph Weisser, Stuttgart, 1779
§. 365. Besondere Rechte in Ausübung der Profeßion.
Auf Beklagen der Vorsteher der musicalischen Kasse daß den Zinkenisten auf dem land ihre Narung durch Pfuscherei geschwächt, auch von Beamten ein mehreres, als der gewönliche Tax von Tänzen eingezogen werde, wurde gnädigst verordnet, daß die Zinkenisten wider die Gebür nicht beschweret, auch keine nachteilige Eingriffe von Pfuschern gestattet werden sollen.
Deutsches Museum, Erster Band. Jänner bis Junius 1781, Brief eines Reisenden durchs Elsaß:
“Mit Tags Anbruch stund unser Wagen vor dem Thore zu Landau, das etwas tief liegt. Indessen wir auf die Eröfnung desselben warteten, schallte über die Stadt heraus durch die Morgendämmerung eine Musik von Zinken und Posaunen. Es war ein Morgenlied, das der Stadtzinkenist mit seinen Leuten vom Thurme blies, und selbst die Franzosen, die mit auf der Diligenze waren, schienen durch das protestantische Lied gerührt zu sein. Auf mich machte es eine ausserordentliche Wirkung, und ich war versucht, mit heller Stimme die Instrumente zu begleiten.
Dies ist noch der Rest davon, daß Landau, ehemals deutsch war. Denn in Frankreich weiß man nichts von Stadtmusikanten, die mir recht liebe Leute sind. Wie herrlich wurde ich zuweilen durch ein – “Mein erst Gefühl sei Preis und Dank!” – erwekt! Wie schmekte meine Suppe mir besser, wenn sie mir vom Thurme dazu bliesen! oder wie ergözte michs, wenn ich Sonntag Abends um unser Städtchen herumspzierte, und auf einmal ein Abendlied mit Zinken und Waldhörnern angestimt wurde, daß der Handwerkspursche verstumte, und der Jüngling mit seiner Schöne in stillem Ernst langsamer einherschritt! Gewiß, so ein öffentlicher Aufruf zum Preis des Schöpfers, der uns überrascht, muß oft ein rohes Herz rühren.”
Johann Wolfgang von Goethe, Dichtung und Wahrheit, Erster Teil, 3. Buch:
„Der Neujahrstag ward zu jener Zeit durch den allgemeinen Umlauf von persönlichen Glückwünschen für die Stadt (Frankfurt am Main) sehr belebend. Wer sonst nicht leicht aus dem Hause kam, warf sich in seine besten Kleider, um Gönnern und Freunden einen Augenblick freundlich und höflich zu sein. Für uns Kinder war besonders die Festlichkeit in dem Hause des Großvaters an diesem Tage ein höchst erwünschter Genuß. Mit dem frühesten Morgen waren die Enkel schon daselbst versammelt, um die Trommeln, die Hoboen und Klarinetten, die Posaunen und Zinken, wie sie das Militär, die Stadtmusici und wer sonst alles ertönen ließ zu vernehmen.”
Aus einer Verordnung des Rates der Stadt Minden, wegen des Probespiels um die Stelle des Stadtpfeifers vom Februar 1797:
Daß die Bewerber “… eine Probe von ihrer Geschicklichkeit auf der Violine, und Blasinstrumente besonders auf dem Zinken und Posaune” ablegen sollen.
Christian Friedrich Daniel Schubart, Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst, Wien, 1806:
Der Zinke. Ein äußerst schneidendes und wie ein Schwert die zahlreichsten Gemeinden durchdringendes Instrument. Es ist aber so schwer für die die Brust zu blasen, weil der Hauch nur durch eine ganz kleine Öffnung hineingebracht wird, dass sich schon mehr als ein Zinkenist Schwindsucht und Tod damit zugezogen hat. Schwerlich gibt es ein die Gesundheit so angreifendes Instrument wie dieses. Das mag wohl Ursache sein, warum sich so wenige Menschen bis zur Meisterschaft darauf legen. Der Zinke ist ein aus Elfenbein oder aus hartem Holz verfertigtes Instrument. Es hat sechs Löcher und keine Klappe, auch ist es der Bequemlichkeit wegen gekrümmt. Seine Skala ist folgende:
D,e,f,g,a,b,h,c,D,e,f,g,a,h,c,d.
Meister treiben es noch höher; auch hat es alle in dieser Skala liegenden Halbtöne.
Die Applikatur ist sehr schwer und geht ganz von der Flöte und von der Hoboe ab. Mit einem Wort, es gibt kein blasendes Instrument, was an Schwierigkeit des Ansatzes sowohl, als der Applikatur dem Zinken gleichkäme.
Christian Friedrich Daniel Schubart: Zinkenistentrost
Wie glücklich ist der Zinkenist,
Der Herr und sein Geselle!
Er kömmt, wenn er gestorben ist,
Gewiß nicht in die Hölle:
Denn Gott hält oft ein Freudenfest
Mit auserwählten Christen;
Und weil man da Posaunen bläst,
So braucht man Zinkenisten.
Anm. »Schubarth gab einem Zinkenisten, bei dem er im Hause wohnte und dem seine keifende Frau oft prophezeite, das Saufen werde ihn noch in die Hölle bringen, obigen Trostspruch.«
Jean Paul (1763-1825) aus: Flegeljahre, 1804
›Ich glaube wahrlich gar‹, fing der blinde Hofpauker neben mir an. ›Freilich, freilich, mein Pauker!‹ versetzt’ ich. ›Und zwar sehr wird meines Wissens und Hörens zugeprügelt – es soll eine schöne dissertatiuncula pro loco zweier friedlichen guten Nationen vorstellen, wenn nicht eine Sonate à quarante mains – Aber Himmel, warum schenkte das Glück zu solchem reichen Ein- und Vielklang, zu solcher musikalischen Exekution und Stangenharmonie nicht noch mehr Gewehr – Stangenharmonikas – Posthörner – Schulterviolen – d’Amour-Violen – gerade Zinken – krumme Zinken – Flageolettes – Tubas – Zithern – Lauten – Orphikas von Rölling – Cölestinen vom Konrektor Zink – und Klavizylinder von Chladni – samt deren beigefügten gehörigen Spielern! – Wie könnten diese nicht damit sich schlagen und jeden! Wie könnte nicht gehämmert, gestaucht, gesägt, gepaukt werden, mein bester stiller Pauker!‹
Königlich Würtembergische Straf=Geseze in Civil= Commerz= und Policey= Angelegenheiten, Tübingen, 1811
§. 238
“Kein Zinkenisten=Gesell oder Jung, soll bei Straf und Ausschließung von der Kunst, iemand, es seye wer es auch wolle, weder die Zinken noch Posaunen blasen lehren; nur wenn in kleineren Städten ein Handwerksmann sich zur Kirchen=Musik wollte gebrauchen lassen, solle erlaubt seyn: ihn die Posaunen, aber nicht den Zinken, zu lehren.”
Todesanzeige des Speyrer Stadtzinkenisten Wenk von 1828:
Mein teuerster Ehegatte, der Stadtzinkenisten N. J. Wenk dahier, hatte das schmerzhafte Unglück, bei seinen Lebenszeiten gestern Mittag halb zwölf Uhr, indem er durch allzu große Verlängerung eines in seinem Berufe geblasenen Trillers das Gleichgewicht verlor, von hiesigen protestantischen Kirchturm herabstürzen. Schon in der Mitte des Falles hatte er seinen Geist aufgegeben, setzte jedoch seinen Sturz bis aufs Straßenpflaster ungestört fort, wo derselbe nach noch nicht vollendetem Empfang aller heiligen Sterbesakramente vollends verschied. Wer die edle Seele meines Ehegatten kannte, wird die Größe meines Verlustes zu schätzen wissen. Schon jetzt tröstet mich die Aussicht auf ein besseres Leben, welches wir beide, er und ich, beginnen als die nach Wiedervereinigung schmachtende Zinkenistenwitwe Maria Ursula Wenk.
Ludwig Richter, Lebenserinnerungen:
„…Es war mir Mitte August 1828 ein Mägdlein geschenkt worden, welches in der Taufe den Namen Maria bekam. Ich denke noch daran, wie rührend es mir war, als ich mit gefalteten Händen am Fenster stand und über die Stadt blickte, wie die Zinkenisten auf den Altan der Stadtkirche heraustraten, um nach alter Weise ihren Choral vom Turm zu blasen, und wie in demselben Moment, als ich die ersten Laute des kleinen Ankömmlings aus der Kammer vernahm, in vollen Tönen der besonders lieb gewordene Choral erklang: „Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen.“
Johann Wolfgang von Goethe, Faust, zweiter Teil, veröffentlicht 1831, Regieanweisung im 3. Akt:
Signale, Explosionen von den Türmen, Trompeten und Zinken, kriegerische Musik, Durchmarsch gewaltiger Heereskraft.
Heinrich Heine aus “Lazarus”:
Verstummt sind Pauken, Posaunen und Zinken.
An Salomos Lager Wache halten
Die schwertgegürteten Engelgestalten,
Sechstausend zur Rechten, sechstausend zur Linken.
Sie schützen den König vor träumendem Leide,
Und zieht er finster die Brauen zusammen,
Da fahren sogleich die stählernen Flammen,
Zwölftausend Schwerter, hervor aus der Scheide.
Doch wieder zurück in die Scheide fallen
Die Schwerter der Engel. Das nächtliche Grauen
Verschwindet, es glätten sich wieder die Brauen
Des Schläfers, und seine Lippen lallen:
»O Sulamith! Das Reich ist mein Erbe,
Die Lande sind mir untertänig,
Bin über Juda und Israel König –
Doch liebst du mich nicht, so welk ich und sterbe.«
Beschreibung der ehemaligen Burgkirche Friedberg/Hessen, Friedberger Intelligenzblatt 1836:
„…Doch lieblicher als dieses (Feuerhorn) ertönte morgens um 11 Uhr und abends um 8 Uhr ein das Herz ergreifender Choral, welcher vom Türmer und seinen musikalischen Gehilfen mit Zinke und Posaunen aus diesen Fenstern herausgeblasen wurde und wie aus höheren Regionen fast geisterähnlich zum täglichen Lobe des Schöpfers aufmunterte.”
Der Vetter aus Schwaben. Schwabenbräuch und Schwabenstreich aus dem Leben gegriffen von Schultheißen Nefflen, Abgeordneten von Marbach. Stuttgart 1837
“Es war im Jahr 1818, wo der gute Wein gewachsen ist, saßen die Deputierten über der Stadtrechnung und fanden da Vieles, was ihnen auf den Steuerzettel kommt, unter dem Titel: “Stadtschaden”, unter Anderem auch die Besoldung des Zinkenisten. Darüber hielten sie Rath und brachten heraus, daß man das Blasen auf dem Thurme unterlassen könne, weil es doch nicht alle Bürger der Stadt hören. Ja, sagte der Feigenbasche, ein Schlosser seines Handwerks, der wohnt in der Straße hinter dem Thurm, ich höre das ganze Jahr nichts von dem Zinkenisten, er blast nur auf der Altane (= Balkon) gegen das Rathhaus und gegen uns ist keine Altane. Wenn ich dran zahle, muß mir der Zinkenist auch blasen, oder er soll nicht blasen, dann kostet’s auch nichts. Die Deputierten stimmen mit ein und schriebens nieder: zum Vierten, der Zinkenist muß abgeschafft werden und seine Besoldung aufhören, damit der Stadtschaden kleiner wird. Dieses und noch anderes übergeben sie dem Stadtrath, ganz nach der Vorschrift zu einem Bescheid. Der Stadtrath aber hat Freude an dem Blasen des Zinkenisten. Wenn das unterbliebe, meint er, so höre man nichts mehr Schönes mehr in der Stadt. Aber billig sei es, daß der Zinkenist auch denen blase, die hinterm Thurm wohnen, weil sie auch d’ran zahlen. Dieser Meinung war der Stadtrath einstimmig und faßte folgenden Beschluß:
Und was viertens den Zinkenisten betreffe, so wolle man in Etwas dem Bürgerausschuß willfahren, es soll daher
a. an der hinteren Thurmseite eine Altane gebaut werden für den Zinkenisten.
b. Der Werkmeister Kächele soll mit Fassung des Ueberschlags beauftragt und das Bauwesen im öffentlichen Abstreich verakkordiert werden und
c. der Zinkenist Wachtelschlag soll nach hergestelltem Bauwesen um dieselbe Belohnung gehalten sein, wie bishero vornen heraus, so hinfüro vornen und hinten hinauszublasen.
Mit diesem Bescheid aber war der Bürgerausschuß nicht zufrieden, absonderlich der Schlosser Feigenbasche. Der wollte einen Schimpf darin finden, und meint, das Blasen von der hintern Altane sei nichts Ehrenhaftes und könne zu Mißbrauch führen; so etwas könne er selber an seinem Blasbalg, da brauche er keinen Zinkenisten.
Und der Bürgerausschuß bringt die Sache vor Oberamt, das ihn vertröstet bis zum nächsten Ruggericht, bis dorthin solle man die Sache im Anstand lassen. Alleine, ehe der Oberamtmann kommt, macht der Zinkenist dem Streit selber ein Ende: er liegt hin und stirbt. Beim Ruggericht darauf wird einmütig beschlossen, die Zinkenistenstelle eingehen zu lassen. Und so ward der Wachtelschlag der letzte Zinkenist in Eselsstorchingen.”
Harry W. Schwarz: The Story of Musical Instruments from Sheperd’s Pipe to Symphony, Garden City, 1938
The Cornett
Poor White Trash among Musical Instruments
….The cornettos and zinken were the “poor white trash” among musical instruments. Not only were they cheaply made, but they were noted for their poverty of musical qualities. Constructed of wood and covered with leather, their tone was colorless, coars and windy. Anyone with a pocketknife, a pot of glue and a thin skiver of leather could make one of these instruments. Making these ancient instruments was something like making the cigar-box fiddle or the slippery-elm whistle of today…
Julius Schlosser, Unsere Musikinstrumente – eine Einführung in ihre Geschichte, Wien, 1922:
“Auch die Zinken gingen mit den alten Stadtpfeifern zu Grabe, aber noch 1788 hörte der dänische Reisende Freisler sie von St. Stephan in Wien herab blasen; ihre letzte Verwendung im Orchester mag die in Glucks Orpheus von 1762 (Eingangschor) sein. Eichborn, der in seiner Schrift: “Zur Geschichte der Instrumentalmusik. Eine produktive Kritik” (Leipzig 1885, S. 51 fiF.) merkwürdige Nachrichten bringt und sich von dem Sohne eines Schweinfurter Stadtpfeifers, der in seiner Jugend selbst noch mit den Zinkenisten zusammen vom Turm geblasen hatte, berichten lassen konnte, bemerkt mit Recht, daß man aus späten abfalligen Äußerungen über ihren Ton keinen Schluß ziehen dürfe; die alte Technik war eben damals schon verloren und zu einem Plärren geworden.”
Kurt Tucholsky, aus: Im Boot – Musik
„…Und da brach die Lustigkeit prasselnd durch: in tausend kleinen Achteln, die klirren, wie wenn glitzernde Glasstücke auf Metall fielen, brach sie durch, die Geigen jubelten und kicherten, die Bässe rummelten fett und amüsiert in der Tiefe und auch der Zinkenist machte keinen Hehl daraus, dass ihn das Ganze aufs höchste erfreute.”
Anonymus (20. Jahrhundert):
„In den westfälschen Schinkenzonen
soll man alle Zinken schonen.“
Gudrun v. der Hardt, anlässlich der neuzeitlichen Erstaufführung des „Requiem“ von Ferdinand Schmidt:
Für den Notenausgräber Arno Paduch
Was gräbt der Mensch nicht alles aus:
Tonscherben, Vasen, Pfahlbaumhaus…
Vorsichtig gräbt man mit dem Spaten
Nach Zeugnis von vergangnen Taten.
Ton-Gräber einer andren Zunft
Brauchen kaum Werkzeug, nur Vernunft,
Fachwissen der besondren Art
Um auszugraben, was apart
Erklingt, wenn angestaubte Noten
Lebendig werden dargeboten
Von Zinken, Geigen und Trompeten
Von Sängern und von Altblockflöten.
Wir reden unterschiedlich heute:
Die alten sangen „voller Freude“,
Die Mittelalter „hatten Spaß“,
Die Jungen fanden es „voll krass“.
Doch unisono in Gedanken
Wir alle Arno Paduch danken.
Wir sagen nicht nur Dank,
Wir bitten ihn, noch manchen Schrank
Nach alten Schätzen zu durchsuchen.
Gern würden wir noch oft versuchen
Zur Neuaufführung sie zu bringen,
Zum Lobe Gottes sie zu singen.
Die Petri-Kantorei Burgwedel