Der Zink
Der Zink (ital. Cornetto, fr. Cornet-à-bouquin, sp. Corneta, engl. Cornett) ist ein aus Holz, seltener aus Elfenbein hergestelltes Blasinstrument, das mit einem Kesselmundstück, wie ein Blechblasinstrument gespielt wird.
Es werden drei Typen unterschieden:
1.) Der krumme Zink war der am weitesten verbreitete Typ, von dem sich bis heute ca. 200 originale Exemplare erhalten haben. Das Instrument wird aus zwei Hälften hergestellt, die zusammen geleimt werden, nachdem die konische Innenbohrung herausgearbeitet wurde. Die äußere Form ist in der Regel achteckig, seltener rund, mit rhombenartigen Verzierungen am oberen Ende. Er ist mit Pergament bezogen und gelegentlich mit Schutzkappen aus Metall an Mundstück- und Schallende versehen. Er verfügt über 6 Grifflöcher an der Vorderseite und eines an der Rückseite. Die erhaltenen Mundstücke sind in der Regel aus Horn oder Elfenbein gefertigt, in historischen Quellen sind auch Mundstücke aus Silber belegt. Meistens ist das Instrument nach rechts gebogen, für ein Haltung mit der rechten Hand unten und der linken Hand oben, einige Instrumente weisen aber auch eine Biegung nach links auf. Das am meisten gespielte Instrument war der Sopranzink in a mit einer Länge von 60 bis 65 cm. Sonderformen sind der Cornettino der eine Quarte oder Quinte höher stehen konnte (belegt sind aber auch Sekund- und Terzzinken), der Altzink in g sowie der Tenorzink in c. Als eine Art Basszink kann der Serpent bezeichnet werden.
Der Klang des Zink wird in der Regel als trompetenähnlich wahrgenommen, ist insgesamt aber modulationsfähiger ist als ein Trompetenton.
2.) Der gerade Zink (ital. Cornetto diritto) konnte zweiteilig gebaut, mit Leder bezogen und außen achteckig oder auch rund gedrechselt, unbezogen und rund sein. Wie der krumme Zink hat er ein abnehmbares Mundstück.
Manche Zinken des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts sind gedrechselt und mehrteilig, ähnlich wie Traversflöten gebaut.
3.) Der stille Zink (ital. Cornetto muto) ist in seiner äußeren Form rund und nicht mit Leder bezogen. Das Mundstück ist direkt aus dem Holz herausgearbeitet. Der Ton des stillen Zink ist leiser und sanfter als der des krummen Zink.
Der Ursprung des Zink liegt in Tierhörnern (ital. Cornetto = kleines Horn) auf denen durch Ausarbeitung eines Mundstückes Naturtöne erzeugt werden konnten. Aus frühmittelalterlichen Bodenfunden sind Tierhörner mit drei bis fünf Grifflöchern bekannt. Bildliche Darstellungen und Beschreibungen in zeitgenössischen Dichtungen legen nahe, dass der Zink mit 7 Grifflöchern seit der Mitte des 14. Jahrhunderts existiert. In bildlichen Darstellungen des frühen 16. Jahrhunderts werden in Deutschland ausschließlich gerade Zinken abgebildet (S. Virdung, Musica getutscht, Basel 1511, A. Schlick Spiegel der Orgelmacher und Organist, Speyer, 1511, H. Burckmayer „Triumphzug des Kaisers Maximilian“ und „Weiskunig“ zwischen 1512 –18). Der krumme Zink, dessen Ursprung vielleicht in Italien zu suchen ist, dürfte erst später in Deutschland bekannt geworden sein und stellt spätestens ab dem Ende des 16. Jahrhunderts die am weitesten verbreitete Form dar (Michael Praetorius, Syntagma Musicum II, Tafel VIII „Recht Chor Zinck“). Zur Ausbildung eines Zinkensatzes, ähnlich z.B. des Blockflötensatzes, kam es anscheinend nicht, da die tiefen Instrumente der Zinkfamilie gewisse klangliche Unausgewogenheiten und Stimmungsprobleme aufweisen. In der Ensemblemusik des 16. und 17. Jahrhunderts übernimmt der Zink die Rolle der Oberstimme im Posaunensatz. In dieser Funktion ist er in zahlreichen Werken der wichtigsten Komponisten des frühen 17. Jahrhunderts vorgeschrieben. In der Kammermusik steht er gleich berechtigt neben der Violine. Ab etwa 1650 ist der Höhepunkt der Verwendung des Zink überschritten, da er den geänderten kompositorischen Ansprüchen, besonders dem Spiel in Tonarten mit vielen Vorzeichen, nicht mehr genügen konnte.
Als Stadtpfeiferinstrument bleibt der Zink für das Turmblasen bis weit in das 18. Jahrhundert hinein in Deutschland erhalten, und findet auch weiterhin in der Kirchenmusik Verwendung, wie z.B. in Werken von Johann Sebastian Bach und Georg Philipp Telemann. In der Wiener Hofkapelle gehörte der Zink bis ins späte 18. Jahrhundert zur festen Besetzung des Kirchenorchesters und findet daher auch noch in Christoph Wilibald Glucks Oper Orfeo ed Euridice Verwendung. Verschiedenen literarische Quellen (siehe auch auf dieser Internetseite unter “Quellen zum Zink”) belegen die Verwendung des Zink in Deutschland bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Erste Versuche den Zink wieder zu erwecken stammen schon aus dem Ende des 19. Jahrhunderts, als Victor Mahillon für eine Aufführung von Christoph Wilibald Glucks Oper Orfeo ed Euridice einen geraden Zink mit Klappenmechanik konstruieren ließ. Mit den ersten ernsthaften Beschäftigungen mit historischer Aufführungspraxis in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts tritt auch der Zink wieder verstärkt in den Vordergrund. Heute ist der Zink fester Bestandteil von Konzerten in historischer Aufführungspraxis.
Der letzte Zinkenist?
Joachim Christoph Mandischer (1774-1860)
Im Jahr 1882 erwarb das Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck aus dem Besitz des Lübecker Orgelbauers Vogt sieben Instrumente die sich z.T. noch heute in dieser Sammlung befinden. Es handelt sich hierbei um eine Viola d´amore des berühmten Instrumentenbauers Joachim Tielke (Inv.-Nr.3587a eine weitere Viola d’amore Inv.-Nr.3587b ist verschollen), eine Mandora aus dem späten 18. Jhd. (Inv.-Nr.3587c), einen Elfenbeinzink (Inv.-Nr.3587d), eine Trompete von Michel Nagel, Nürnberg, 1654 (Inv.-Nr.3587e) sowie zwei Serpente (Inv.-Nr.3587f & Inv.-Nr.3587g), wobei das erste Instrument aus der Werkstatt des Dresdner Holzblasinstrumentenmachers Carl August Grenser (1720-1807) stammt.
Das Inventarbuch verzeichnet, daß diese Instrumente „sämtlich oder zumeist zum Theil“ aus dem Nachlaß des Organisten an St. Ägidien, Ratsmusikers und Türmers der Marienkirche Joachim Christoph Mandischer stammen. Das Inventarbuch des Museums verzeichnet weiterhin:
„Nach Mitteilung des Organisten dieser Kirche (Marienkirche, Anm. d. Verf.) Jimmerthal hat der in den 50er Jahren verstorbene Thurmmann der St. Marienkirche Mandischer am Sonnabend Abend um 9 Uhr regelmäßig auf dem Zinken vom Thurm geblasen.“
Joachim Christoph Mandischer wurde am 16. 4. 1774 in Lübeck, als Sohn des Ratsmusikers und Türmers der Marienkirche Christoph Meinhard Mandischer (1742- 1796) geboren. Über seine Ausbildung ist nichts bekannt, den Unterricht erhielt er aber wahrscheinlich von seinem Vater. 1791 wurde er Organist an der Lübecker St. Ägidienkirche und 1796, nach dem Tode seines Vaters Ratsmusiker und Türmer der Marienkirche. Seit dem späten 17. Jhd. waren die beiden Posten des Organisten an St. Ägidien und des Ratsmusikers miteinander verbunden. Er bekleidete diese Posten bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1856 (seit 1855 wurde ihm ein Vertreter zur Seite gestellt) und verstarb am 3. 5. 1860 zu Lübeck.
Die Angaben Hermann Jimmerthals (geb. Lübeck, 14. 8. 1809, gest. Lübeck 17. 9. 1886) zu Mandischer sind durchaus glaubwürdig, denn dieser hatte als sein Schüler eine enge Beziehung zu ihm. Neben der Orgel erlernte Jimmerthal auch Violine, Viola, Flöte, Posaune und Horn (ein Inventionshorn aus seinem Besitz befindet sich noch heute in der Lübecker Instrumentensammlung). 1834 wurde er Schüler Mendelssohns und 1845 Organist an St. Marien. Im 19. Jhd. war er die prägende musikalische Figur Lübecks und wurde vom Lübecker Schriftsteller Thomas Mann als Vorbild für die Figur des Organisten Edmund Pfühl in dem Roman „Die Buddenbrooks“ gewählt.
Unter den zahlreichen Archivalien des Lübecker Museums befindet sich auch eine um 1856 entstandene Daguerotypie, auf der die Organisten der vier Lübecker Hauptkirchen (St. Marien, St. Petri, St. Ägidien und St. Jacobi) zu sehen sind. Neben Mandischer (rechts aussen) und Jimmerthal (links aussen) befinden sich auf dem Bild Johann Daniel Zacharias Burjam (geb. Lübeck 4. 8. 1804, gest. Lübeck 22. 3. 1879) Organist an St. Petri und Konzertmeister des Städtischen Orchesters sowie Johann Joachim Diedrich Stiehl (geb. Lübeck 9. 6. 1800, gest. Lübeck 27. 6. 1872) Organist an St. Jacobi sowie Klarinettist im Städtischen Orchester, wo er auch Flöte, Violine und Viola spielte.
Literatur:
M. Praetorius, Syntagma Musicum II, Wolfenbüttel, 1619.
G. Karstädt, Zur Geschichte des Zinken und seiner Verwendung in der Musik des 16.-18. Jahrhunderts, Diss. Berlin, 1935, Auszüge in: Archiv für Musikwissenschaft 2, 1937, 385-432.
F. R. Overton, Der Zink, Mainz, 1981.
E. H. Tarr, Ein Katalog erhaltener Zinken, in: Baseler Jahrbuch für historische Aufführungspraxis V, Winterthur, 1981.
H. Heyde, Hörner und Zinken, Katalog des Musikinstrumenten- Museum Leipzig, Bd. 5, Leipzig, 1982.
M.Collver / B.Dickey, A Catalog of Music for the Cornett, Bloomington, 1996.
U. Althöfer (Hrsg.) Von Zinken, Serpenten und Giraffenklavieren: Historische Musikinstrumente aus vier Jahrhunderten im Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck, Lübeck, 2000
Der Serpent
Der Serpent (ital. Serpentone, fr. Serpent, engl. Serpent) ist ein aus Holz hergestelltes Blasinstrument, das mit einem Kesselmundstück wie ein Blechblasinstrument gespielt wird.
Das Mundstück, dessen Größe in etwa der eines Bassposaunenmundstückes entspricht, wurde ursprünglich aus Horn oder Elfenbein, später auch aus Metall gefertigt. Es wird auf ein Metallrohr gesetzt, das im oberen Ende des Instruments steckt. Einige Instrumente sind mit Schutzkappen aus Metall an Mundstück- und Schallende versehen. Das Instrument weist vier Windungen auf, die ihm die typische Schlangenform geben, von der sich der Name ableitet (Serpent = Schlange). Ältere Instrumente verfügen über 6 Grifflöcher an der Vorderseite, besitzen aber kein Daumenloch an der Rückseite. Die Grifflöcher sind in zwei Dreiergruppen um die dritte Windung angebracht. Zur Verbesserung der Spielbarkeit wurden im 19. Jahrhundert weitere Grifflöcher angebracht. Am Ende der Entwicklung hatte der Serpent bis zu 14 Löcher, die durch Klappen zu verschließen waren.
Das Instrument besitzt eine Länge von ungefähr zwei Meter und kann als Grundton B’, C, D oder E aufweisen. Es ist eng verwandt mit dem Zink, aus dessen Bassinstrument es vermutlich entwickelt wurde. Die Bauweise aus zwei ausgehöhlten Holzhälften, die nach dem Verleimen mit Pergament beklebt werden, hat er mit dem krummen Zink gemeinsam. Im Vergleich zum krummen Zink weißt die Innenbohrung des Serpent allerdings einen stärkeren konischen Verlauf auf und die Wandstärke des Serpent ist im Verhältnis zur Innenbohrung deutlich dünner als die des krummen Zink.
Erfunden wurde der Serpent angeblich um 1590 durch den französischen Geistlichen Edmé Guillaume in Auxerre. Innerhalb kürzester Zeit fand er Verbreitung in ganz Frankreich, wo er bis zum Ende des 18. Jahrhunderts überwiegend zur Choralbegleitung verwendet wurde. Außerhalb der Kirchenmusik wurde der Serpent in Frankreich anscheinend aber erst nach der Revolution eingesetzt. Eine erste ausführliche Beschreibung findet sich 1636 in Marin Mersennes „Harmonie universelle“. Außerhalb Frankreichs wurde der Serpent erstmals 1650 in Athanasius Kirchers „Musurgia universalis“ erwähnt. Wie in Frankreich auch wurde der Serpent auch in Italien hauptsächlich in der Kirchenmusik eingesetzt. Die Verwendung in Carlo Pallavicios Oper „Il Galieno“ aus dem Jahr 1675 (Manuscript. in I-Rvat) scheint eher eine Ausnahme darzustellen. In England scheint der Serpent aus Frankreich kommend erst Ende des 17. Jahrhunderts bekannt geworden zu sein. In Deutschland findet sich der Serpent erst im 18. Jahrhundert und fand hier überwiegend Verwendung in Militärkapellen und vereinzelt in er Kirchenmusik. Im 19. Jahrhundert wurde der Serpent noch gelegentlich im Orchester besetzt, so z.B. von Felix Mendelssohn Bartholdy im Oratorium „Paulus“ und von Richard Wagner in der Oper Rienzi, um die Mitte des 19. Jahrhunderts aber durch die Basstuba ersetzt.
Literatur:
M. Mersenne, Harmonie universelle, Paris 1636, Nachdruck, Paris, 1975.
A. Kircher, Musurgia universalis, Rom, 1650, Nachdruck, Hildesheim, 1970.
J. Lebeuf, Memoires concernant l’histoire ecclesiastique et civile d’Auxerre, Paris, 1743.
H. Heyde, Hörner und Zinken, Katalog des Musikinstrumenten- Museum Leipzig, Bd. 5, Leipzig, 1982.
M.Collver / B.Dickey, A Catalog of Music for the Cornett, Bloomington, 1996.